Geht es darum, welcher Politiker am längsten im Deutschen Bundestag aktiv ist, steht Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) aktuell ganz oben auf der Liste. Seit 1972 halten ihm die Bürger im Wahlkreis Offenburg die Treue und setzen ihr Kreuz nehmen seinen Namen. Damit kommt er auf bislang elf Legislaturperioden, in denen er alle Höhen und Tiefen eines Politikers erlebte.
Schäuble war Bundesminister für besondere Aufgaben, Chef des Bundeskanzleramtes, Bundesinnenminister und wurde 2009 von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Bundesfinanzminister bestimmt. Dass er sich in dieser Zeit nicht nur Freunde gemacht hat, liegt in der Natur der Dinge. Kritik musste Dr. Wolfgang Schäuble insbesondere zu seinen Äußerungen zur Sicherheitspolitik einstecken. Darüber hinaus war er in die CDU-Spendenaffäre verstrickt.
Das Interesse für Politik liegt Wolfgang Schäuble quasi im Blut. Sein Vater, Karl Schäuble, war CDU-Abgeordneter im badischen Landtag. Der am 18. September 1942 in Freiburg (Breisgau) geborene mittlere Sohn trat nach dem Abitur in seine Fußstapfen. Wie viele seiner Kollegen begann auch Wolfgang Schäuble seine Karriere in der Jugendorganisation der Partei, der Jungen Union. Zudem engagierte er sich während seines Studiums der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Freiburg und Hamburg als Vorsitzender des Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS). Der Beitritt zur CDU folgte 1965, wobei der heute vierfache Vater seinen Schwerpunkt nach wie vor auf die Arbeit in der Jungen Union legte, deren Bezirksvorsitzender er von 1969 bis 1972 war.
Mit der Wahl in den Deutschen Bundestag betrat er 1972 erstmals das glatte bundespolitische Parkett. 1981 wurde er Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Dieses Amt bekleidete Wolfgang Schäuble bis 1984. Zum Fraktionsvorsitzenden wählten ihn die Parteikollegen im November 1991. Später war Schäuble als Nachfolger von Helmut Kohl im Gespräch. Der damalige Bundeskanzler hatte ihn zum Wunschkandidaten erklärt, der 2002 das Amt übernehmen sollte. Daraus wurde nichts, nachdem Kohl 1998 die Bundestagswahl verlor. Auch der Vorstoß, Schäuble 2004 zur Wahl des Bundespräsidenten aufzustellen, blieb ohne Erfolg.
Schicksalstag im Leben des Politikers war der 12. Oktober 1990. Das ist der Tag, an dem ein geistig Verwirrter drei Mal auf Wolfgang Schäuble schoss und ihn dabei am Rückenmark traf. Seither sitzt der Bundestagsabgeordnete im Rollstuhl. Seinen Lebensmut und seinen Kampfgeist hat der Unionsmann dadurch nicht verloren. Schaut man sich die Porträts an, die große Tageszeitungen über ihn verfasst haben, zeichnen sie ein ganz anderes Bild, als man es von den hitzigen Debatten gewohnt ist. Zweifelsohne hat Wolfgang Schäuble etwas Schneidendes, vielleicht sogar Überhebliches an sich. Wenn er jedoch von seinen Kindern oder seiner Frau Ingeborg spricht, wird er, so der Tagesspiegel, „sehr weich“. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt, er sei ein neugieriger Mensch, „der bereit ist, mit Geduld und Ausdauer große Veränderungen zu meistern“.