… der erhält wenigstens ausreichend Diäten
Irgendwie scheint die IZA-Pressemitteilung im Frühjahr 2011 „Kalter Kaffee“ zu sein: Eine aktuelle Studie (?) des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) zeigt für das Jahr 2006 (16. Wahlperiode) , dass ein Bundestagsabgeordneter durchschnittlich etwa 106.000 Euro brutto verdiente.
Damit, so der weitere Pressehinweis, sind die Diäten deutscher Bundestagsabgeordneter vergleichbar mit dem Arbeitsentgelt von Führungskräften in der privaten Wirtschaft. Wenn da bei den MdB’s nicht auch noch deren Nebenverdienste wären, die zu „erheblichen Einkommensvorteilen“ führen.
Laut Studie sind darin enthalten die Diäten der Abgeordneten in Höhe von 84.108 Euro pro Jahr, Zuschläge für politische Ämter im Kabinett oder als Staatssekretär, Pensions- und Übergangszahlungen für frühere Ämter sowie Einkünfte aus Nebentätigkeiten.
Und schon bei den Nebeneinkünften hakt die Studie, denn es handelt sich lediglich um eine Untergrenze, da exakte Informationen vom Bundestag nicht veröffentlicht werden. Aufwandsentschädigung und Kostenpauschale wurden deshalb nicht berücksichtigt.
Die IZA-Forscher berechneten auf Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) den Jahreseinkommen-Verdienst-Abstand zwischen Politikern und ihren Wählern. Grundlage dafür, der populären Behauptung nachzugehen, Politiker könnten und würden – sofern man sie den ließe – in der freien Wirtschaft mehr verdienen.
Wer verdient wieviel…?
Ausschlaggebend für das Ergebnis ist die erwählte Vergleichsgruppe. Da ist dann auch klar, dass ein Politiker in Deutschland ein deutlich höheres Einkommen als ein Durchschnittsverdiener hat. Wie aber wirkt der Aspekt im Verhältnis zum Einkommen von Menschen mit vergleichbarer Verantwortung?
Und fast schon wird es zur ‚Milchmädchen-Rechnung‘, wenn man im Februar 2011 auch über die Radiosender erfährt, dass in 2006 die durchschnittlichen Einkünfte eines MdB um gut 60 Prozent über denen eines durchschnittlich verdienenden Vollzeit-Beschäftigten, also eines Arbeitnehmers mit mittlerer Verantwortung für sein berufliches Tun liegen. Wer als MdB keine Nebeneinkünfte haben sollte, der liegt mit seinem Einkommensvorteil nur noch bei 45 Prozent.
Wie immer man auch Arbeitsinhalte mit ins Spiel brachte oder hat bringen wollen, vergleicht man das MdB mit Personen in Führungsaufgaben, so haben Politiker schließlich gesamte Jahreseinkünfte, die bis zu 40 Prozent höher sind, was absolut 30.000 Euro pro Jahr ausmacht.
Sind nur die Diäten die rechnerische Basis, ergibt sich ein Einkommensvorteil von grad mal 25 Prozent. Was jetzt allerdings stutzig machen kann, ist der Vergleich mit der „enger gefassten Gruppe der Manager“; da nämlich schrumpfe der Vorteil weiter auf 15 Prozent.
Weder Neid noch Missgunst…oder doch?
Und noch ein Rechenspielchen bringen weder Neid noch bürgerliche Missgunst weiter: im Vergleich der Gesamteinkommen von MdB’s inklusive deren Nebeneinkünften mit den Bezügen derer, die als die „fünf von 100“ Bestdotierten der Bevölkerung gelten, liegt der durchschnittliche Mehrverdienst nur noch bei etwa zehn Prozent oder eben mal 10.000 Euro pro Jahr.
Reich werden als MdB geht dann sowieso nicht, weil die reinen Diäten sogar leicht unter dem Durchschnittseinkommen derer liegen, die als die Einkommensstärksten gelten und die wieder die fünf von 100 ausmachen.
Kein Vorwurf also aus der Studie gegen eine überdurchschnittliche Bezahlung von Politikern. Wer will, dass kluge Köpfe das Wahlvolk regieren, der muss wohl auch pekuniär motivieren…
Haben überhöhte Einkünfte damit s zu tun, dass diese aus Tätigkeiten resultierten, die mit dem politischen Mandat allenfalls indirekt verbunden sind, würde die öffentliche Betrachtung jedoch problematisch.
Fazit: die Regelungen zu Nebentätigkeiten deutscher Politiker sind zu reformieren, weil sie nicht transparent sind und weil sie die Gefahr von Interessenkollisionen verursachen. In den Vereinigen Staaten sind für Politiker Nebentätigkeiten dagegen deutlich eingeschränkt. Kongressmitglieder können allenfalls durch Vorträge oder Veröffentlichungen ihre Einkünfte aufbessern, und auch das nur im bestimmten Limit.
Studie in Englisch über die IZA-Homepage:
Andreas Peichl / Nico Pestel / Sebastian Siegloch:
The Politicians’ Wage Gap: Insights from German Members of Parliament
IZA Discussion Paper No. 5520
http://ftp.iza.org/dp5520.pdf
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