Mit geringem Einkommen Beruf und Pflege vereinbaren… und dann gekündigt werden…?
Am 1. Januar 2012 kann es in Kraft treten: das Gesetz für die Einführung der Familien-Pflegezeit. Damit ist erstmals möglich, dass Beruf und Pflege für zwei Jahre am Stück verinbart werden könen.
Ministeriell wird behauptet, es gebe „eine breite Mehrheit in unserem Land, die bereit ist, für ihre Angehörigen da zu sein, wenn diese ihre Hilfe am meisten brauchen“. Nun, grundsätzlich wohl ja. Aber können es sich Berufstätige auch materiell erlauben, sich Zeit für die Pflege von Angehörigen zu nehmen? Ohne die Furcht, danach ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Was als „ein innovatives Modell“ gilt, das „Bürgerinnen und Bürger entlastet, ohne die Sozialsysteme zusätzlich zu belasten“, kommt jedoch bei den Sozialverbänden eher kritisch an.
Wer nämlich schon ein geringes monatliches Einkommen hat, wird sich kaum darauf einlassen können, „mit der Familienpflegezeit die Familie als Verantwortungs-Gemeinschaft zu stützen“ und mit nur 75 Prozent des bisherigen Einkommens auszukommen. Auch wenn dies die Ministerin so betrachtet und sie selbst jeden ihrer eigenen Angehörigen in einer noblen Seniorenresidenz würde unterbringen können.
Wenn aktuell von 2,42 Millionen Menschen in Deutschland, die Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen, knapp 1,7 Millionen zu Hause versorgt werden – durch Angehörige und ambulante Dienste -, ist gleichzeitig zweifelhaft, ob tatsächlich 76 Prozent der Berufstätigen ihre Angehörigen „so weit wie möglich“ selbst betreuen möchten.
Stressige Aufgabe
Diese Aufgabe ist nämlich stressig, körperlich und seelisch überaus belastend und von nicht gelernten Kräften kam dauerhaft und gelungen zu meistern. So raten einige Experten der Geriatrie davon ab, sich zum Sklaven seiner selbst zu machen, in dem man glaubt, im Lebensalter ab 55 die Pflege von Angehörigen in der Generation vor der eigenen tatsächlich befriedigend und dauerhaft leisten zu können.
Und ob Geschäftsführer und Personalverantwortliche es in hohem Maße für wichtig halten, dass es Mitarbeitern erleichtert wird, ihre Familienangehörigen zu pflegen, ist allenfalls eher bloß´zu lesen als konkret zu hören …
Milchmädchen rechne!
Materiell geht es darum, die Arbeitszeit während maximal zwei Jahren von 100 auf 50 Prozent zu reduzieren und als Beschäftigter weiterhin 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens zu erhalten.
Danach ist wieder voll zu arbeiten bei weiterhin nur 75 Prozent, bis das Zeitkonto wieder ausgeglichen ist.
Das Risiko einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit für kleinere und mittlere Unternehmen muss jeder Beschäftigte, der die Familienpflegezeit in Anspruch nimmt, mit einer Versicherung decken – die Prämien sind gering; die Pflicht endet mit dem letzten Tag des Lohnausgleichs nach der Familienpflegezeit.
Dass während der Familienpflegezeit die sozialen Beitragszahlungen und die Leistungen der Pflegeversicherung zur gesetzlichen Rente auch künftige der Rentenansprüche sichern, wird begleitet von Ansprüchen, die mit der Pflegestufe steigen.
Der pflegende Angehörige hält angeblich trotz seiner Pflegeleistung seine Rentenansprüche etwa auf dem Niveau der Vollzeitbeschäftigung. Personen mit geringem Einkommen würden sogar besser gestellt.
Pflegen, pflegte, gepflegt…und die eigene Gesundheit kaputt. Auch das kann möglich werden…
Weitere Infos zur Familienpflegezeit unter www.bmfsfj.de
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